Pipi auf der Pipjilicke

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26. März 2021 ( Pipjilicke, Turtman-Unterems, VS )

Der gestrige Abend war in der Tat sehr gemütlich. Es war wirklich toll, mit der Gruppe und Janik wieder ein paar unbeschwerte Momente zu erleben. Diese Romands und Walliser sind schon ein heiteres, unbeschwertes Völkchen. Spätestens seit dem Militär sollte man das ja wissen. Bei köstlichem Hüttenessen, gutem Wein und zum Schluss noch ein/zwei/drei… Abricotine liessen wir den letzten gemeinsamen Abend noch etwas ausklingen.

Nun stehen wir wieder auf den Skiern, ohne Kater, wir sind wieder einmal gut in Form.

Im vorausgehenden Routenstudium hatte ich vom Col Durand Aufstieg und dem heutigen Tag am meisten Respekt. Wir haben heute zwei kleinere steile Passübergänge vor uns: über die Pipjilicke und das Jungtaljoch. Wir werden ziemlich sicher mit abgeblasenem Felsen konfrontiert sein und für einmal mit wenig Gletscher. Anschliessend folgt eine längere Abfahrt ins Jungtal nach Jungu. Es ist fraglich, wie weit wir schliesslich nach unten fahren können, denn der Schnee ist hier im Wallis schon bis weit hinauf weggeschmolzen. Sicher ein Tag, der noch die eine oder andere technische Herausforderung oder Überraschung für uns bereithält.

Im Aufstieg zur Pipjilicke müssen wir aufgrund der Steilheit auf das kurze Seil und die Steigeisen wechseln. Wir teilen uns wieder auf zwei Seilschaften auf und nehmen den zum Glück mit Schnee bedeckten Aufstieg in Angriff. Oben auf dem Grat deponieren wir unser Material und gehen noch ein paar Schritte zum Gipfel. Es ist immer wieder lustig, so ein unordentliches Skidepot zuoberst auf einem Grat zu sehen.

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Auf dem Gipfel machen wir ein letztes Gruppenfoto, pinkeln, denn wir sind ja auf dem Pipjispitz, und nehmen die Abfahrt Richtung Jungtaljoch in Angriff. Der Himmel ist etwas überzogen, ein dichter Zirrenschirm trübt das Sonnenlicht ein und sorgt für ein ganz spezielles, diffuses Licht. Trotzdem sollte das Wetter in den kommenden Stunden stabil bleiben. Unten am Jungtaljoch angekommen, sehen wir, dass der Übergang wie erwartet abgeblasen ist und wir im oberen Teil mit den Steigeisen vom Schnee auf den Fels wechseln müssen. Wir bilden wieder Seilschaften am kurzen Seil und klettern die doch etwas steile Passage hoch. Im oberen Teil, wo wir auf den Fels wechseln, wird es etwas flacher.

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Es ist jedoch ziemlich unangenehm, mit den gehärteten Stahlzacken der Steigeisen auf dem brüchigen Schieferstein Halt zu finden. Jeder Schritt quietscht, als ob man mit einer Gabel in einem Porzellanteller kratzen würde. An dieses Geräusch werde ich mich nie gewöhnen. An einem kleinen Engnis auf dem Grat quetschen wir uns auf die andere Seite und sammeln uns wenige Meter unterhalb des Grates zwischen einer Schneedüne und dem Fels. Wir sind in steilem Gelände, weshalb wir hier nicht verweilen, sondern zügig die Skier anziehen und in gutem Abstand zueinander den vor uns liegenden Hang hinunterfahren.

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Janik kennt den Weg über die vor uns liegende Hügellandschaft gut und wir können genüsslich im aufgesulzten Schnee die letzte Abfahrt geniessen.

Am nördlichen Hang donnern Steine zu Tal. Das ständige Tauen und Gefrieren über Nacht bringt die dort offensichtlich instabilen Hangpartien in Bewegung. Wir umfahren diese Zone grossräumig und weichen so etwas vom Kurs ab.

Der Schnee wird weniger und weniger und er verzieht sich zunehmend an schattige Stellen. Wir versuchen trotzdem einen Weg auf dem verbleibenden weissen Schneestreifenlabyrinth zu finden. Irgendwann stehen wir dann doch in einer Sackgasse und müssen die Skier ausziehen, um zu Fuss über die Alpweiden in ein anderes verschneites Couloir zu wechseln.

Ein einzelner Steinbock betrachtet uns skeptisch aus der Ferne. Es sieht lustig aus, die farbigen Männchen mit den Skiern in der Hand auf den Alpweiden spazieren zu sehen. So angeln wir uns von Schneefetzen zu Schneefetzen, kurven enge Couloirs hinunter, um Bäume herum, bis wir irgendwann auf einen Wanderweg kommen, der uns nach Jungu führt. Wir ziehen zum letzten Mal unsere Skier aus und wandern mit den Skischuhen auf den schon etwas frühlingshaft wirkenden Alpweiden zum kleinen Dörfchen. Dieser einzigartige Ort ist nur über ein schwindelerregend hohes Seilbähnchen zu erreichen, nichts für schwache Nerven.

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Bei der Bergstation angekommen, sind wir überglücklich, diese unglaubliche Tour überstanden zu haben. Es fühlt sich etwas ungewohnt an, wieder in der Zivilisation zu sein. Nach einer Woche Eis, Schnee, Fels, ohne fliessendes Wasser, in der Abgeschiedenheit in der kleinen Gruppe unterwegs, steht nun wieder ein ganz anderes Leben bevor.

Für die Seilbahnfahrt nach St. Nicklaus müssen wir uns aufteilen. Als wir aber unten ankommen, hat Janik bereits sein Auto geholt. Er öffnet seinen Kofferraum, wo er einen Schluss-Apéro für uns vorbereitet hat. Eine rührende Geste, von der wir äusserst gerne Gebrauch machen!! Wegen Corona kann man ja nicht in eine Beiz und ohne einen gebührenden Abschied jetzt einfach zu gehen, wäre irgendwie schade. So lassen wir bei ein paar Bierchen und Chips noch einmal die Erinnerungen hochkommen.

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Wir haben in den letzten 6 Tagen, den Hubschrauberflug nicht mitgezählt, 89 km, 8020 Höhenmeter Aufstieg und 7850 Höhenmeter Abfahrt zurückgelegt und waren 41 Stunden auf Skiern unterwegs. Darauf können wir sicherlich stolz sein.

Wir haben diese Woche viel erlebt, viel Schönes aber auch Tragisches und das merkt man diesem Abschied an. Es fällt uns schwer, nun getrennte Wege zu gehen, aber ich bin mir sicher, wir werden uns wieder sehen.


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Es hat etwas gedauert, um diese Blogserie zu verfassen, aber mir schien, jede Kürzung oder Zusammenfassung von mehreren Tagen hätte die Ereignisse verfälscht oder der Woche inhaltlich einen falschen Schwerpunkt gegeben. In Zukunft werde ich etwas kürzer sein, auch weil ich einfach nicht über jeden einzelnen Tag schreiben kann… Ich will ja unterwegs sein und filmen, nicht Bücher schreiben.